Dieter Axmann
Fachanwalt & Strafverteidiger
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Für den sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen genügt es, dass eine „lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft“ mit der Mutter des minderjährigen Opfers besteht. Eine solche Beziehung kann auch vorliegen, wenn die Partner nur noch am Wochenende zusammenwohnen. Das ergibt sich aus dieser Leitsatzentscheidung des BGH.
Das Landgericht München hatte einen Mann wegen mehrerer Sexualdelikte an Kindern zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Urteil umfasste auch zwei Fälle des Missbrauchs von Schutzbefohlenen. Der Rechtsanwalt des Angeklagten legte gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof ein.
Ohne Erfolg: Der BGH entschied, dass der Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllt war. Dieser Tatbestand stellt sexuelle Handlungen mit eigenen Kindern und Enkelkindern unter 18 ebenso unter Strafe wie mit unter 18-jährigen Kindern und Enkelkindern von Ehepartnern, Lebenspartnern oder Partnern in einer „eheähnlichen oder lebenspartnerähnlichen Gemeinschaft“.
Der Angeklagte beging die beiden Taten, um die es in der Revisionsentscheidung des BGH ging, an der Tochter seiner damaligen Lebenspartnerin. Die Tochter war zum Tatzeitpunkt unter achtzehn, der Mann lebte damals nur noch an den Wochenenden mit der Frau und ihrer Tochter in deren Wohnung zusammen.
Zuvor hatte er für etwa viereinhalb Jahre komplett dort gewohnt. Die Lebenspartnerin war in dieser Zeit mehrere Jahre lang für den Lebensunterhalt aller drei Personen aufgekommen. Nach einer vorübergehenden Trennung zog der Mann in ein Männerwohnheim. Auch nach der anschließenden Versöhnung lebte er unter der Woche weiterhin in dem Heim. An den Wochenenden wohnte er jedoch wieder in der Wohnung der Frau, erledigte Einkäufe und Haushaltsarbeiten und nahm seine Mahlzeiten dort ein. Außerdem gab es sexuelle Beziehungen zu der Mutter. Daneben spielte er eine regelmäßige Rolle bei der Beilegung von Konflikten zwischen der Mutter und ihrer Tochter, mit der er sich gut verstand.
Das auf Dauer angelegte Zusammenleben der Mutter, der Tochter und des Angeklagten an den Wochenenden, die gemeinsame Haushaltsführung, sowie die sexuelle Beziehung zur Mutter sprachen für eine „lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft“ als verbindlicher Lebensform.
Sie wies in ihren Grundstrukturen keine wesentlichen Unterschiede zu einer Ehe auf, auch wenn der Mann nach der vorübergehenden Trennung sich nur noch an den Wochenenden in der Wohnung von Mutter und Tochter aufhielt. Weil diese lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft mit der Mutter bestand, sah der Bundesgerichtshof keinen Grund, die Verurteilung wegen Missbrauchs von Schutzbefohlenen aufzuheben (BGH, 23.01.2018 - 1 StR 625/17).
Rechtsanwalt Dieter Axmann ist Fachanwalt für Strafrecht aus Dortmund. Er hat bereits Hunderte von Mandanten gegen den Vorwurf von Sexualdelikten verteidigt und ist Spezialist im Sexualstrafrecht.